Flavio Lendi - Dipl. Förster HF
Wer Flavio Lendi begegnet, merkt schnell: Hier spricht jemand, der mit beiden Füssen auf dem Waldboden steht – bodenständig, naturverbunden und mit einer grossen Portion Leidenschaft für seinen Beruf. Der 1992 geborene Förster lebt in Jona SG und arbeitet heute als Förster im Forstrevier Küsnacht-Erlenbach/Herrliberg-Egg.
Dabei war Lendis Weg zum Förster alles andere als vorgezeichnet. «Eigentlich wollte ich nie Förster werden», erzählt er rückblickend. «Als ich 2008 meine Lehre als Forstwart begann, war für mich klar: Das passt. Später habe ich noch den Vorarbeiter gemacht, aber mehr sollte es nicht sein.» Erst mit den Jahren änderte sich seine Lebenssituation – und damit auch die Perspektive. Als sich die Möglichkeit ergab, berufsbegleitend die Ausbildung zum dipl. Förster HF zu machen, entschied er sich: Jetzt ist der richtige Moment.
Die Weiterbildung absolvierte Flavio am Bildungszentrum Wald (BZW) in Maienfeld, das zur ibW Höhere Fachschule Südostschweiz gehört. Für ihn war das berufsbegleitende Modell entscheidend: «In Vollzeit wäre es nie gegangen. Diese Form ist aus meiner Sicht der richtige, zukunftsweisende Weg für die Förster-Ausbildung.» Fast drei Jahre lang war er jede zweite Woche von Donnerstag bis Samstag in Maienfeld, zusätzlich zu Blockwochen. Dafür reduzierte er sein Arbeitspensum auf 70 Prozent – eine intensive Zeit: «Man muss sich gut organisieren und auch mal auf Ferien verzichten. Und man braucht eine gute Frau zu Hause, die das mitträgt.»
Am BZW gefiel ihm besonders der persönliche Charakter: «Es ist eine kleine Schule, sehr familiär. Man kennt sich, man isst zusammen – es fühlt sich nicht wie klassische Schule an.» Auch der Austausch mit anderen Studierenden aus unterschiedlichsten Regionen der Schweiz beeindruckte ihn: «Da prallten Welten aufeinander – von Basel bis ins Engadin. Die Unterschiede in den Wäldern und Arbeitsweisen waren riesig. Das hat den Horizont extrem erweitert.»
Vom Forstwart zum Förster – mit neuer Verantwortung
Heute ist Flavio Lendi in seiner neuen Rolle angekommen. «Der Schritt vom Forstwart zum Förster ist wie der Wechsel auf die andere Seite des Tresens», sagt er schmunzelnd. Statt selbst mit der Motorsäge im Wald unterwegs zu sein, organisiert er nun, plant und trägt Verantwortung. Besonders spannend findet er die Vielseitigkeit seines Berufs: «Wir sind nahe bei Zürich, haben mit vielen Anspruchsgruppen zu tun – Behörden, Besuchern, privaten Waldbesitzern. Und gleichzeitig darf man auch immer wieder einfach draussen in der Natur sein.»
Gerade in einer urban geprägten Region erlebt er auch neue Herausforderungen. «Manchmal kommt es mir vor, als müssten wir den Wald vor falschen Meinungen schützen. Unsere Aufgabe ist es, das Gleichgewicht zwischen Ökologie, wirtschaftlicher Nutzung und gesellschaftlichen Interessen zu halten – und zu erklären, warum das wichtig ist.»
Sein Rat an künftige Förster/-innen
Sein wichtigster Tipp an Interessierte? «Sammelt Erfahrung! Es braucht einige Jahre Praxis, um wirklich zu verstehen, wie der Wald funktioniert. Ich selbst war 15 Jahre Forstwart, bevor ich mich an die Weiterbildung wagte. Das war eine gute Grundlage.»
Auch in Zukunft hat Flavio noch einiges vor. Gemeinsam mit seinem Kollegen möchte er im Revier neue Ansätze entwickeln – etwa im Bereich der privaten Waldbewirtschaftung. «Wir sind in einem wirtschaftlich starken Gebiet, da gibt es Potenzial. Unser Handwerk ist gefragt – und ich bin gespannt, was noch kommt.»